Ein Wurmkomposter auf dem Balkon

Zugegeben: Ein Kompost ist nicht das Erste, was uns zur Balkongestaltung einfällt. Kommt er uns doch eigentlich eher in den Sinn, wenn wir an den Komposthaufen in Omas großem Garten auf dem Land denken. Warum das Anlegen eines Kompostes dennoch auf kleinstem Raum – wie dem Stadtbalkon – möglich ist und wie das Ganze funktioniert, erfährst du in diesem Artikel. Das vorweg: Solltest du dich vor Regenwürmern ekeln, wirst du mit dieser Alternative wahrscheinlich eher nicht glücklich. Aber: Riecht mehr nach Waldboden als nach Biotonne, Ehrenwort!

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Warum Würmer auf meinem Balkon?

Wurmkomposter, Wurmkiste, Wurmfarm oder Wurmcafé heißen die unterschiedlichen Kistenkonstrukte, die das Kompostieren von Bioabfällen aus Küche, Balkon oder Garten im kleinen Stil ermöglichen. Kleine rote Kompostwürmer, die üblicherweise in den oberen Erdschichten leben, fressen deinen Lebensmittelabfall und scheiden ihn als wertvollen Wurmhumus-Dünger wieder aus. Was zunächst ein bisschen verrückt erscheinen mag, bringt viele Vorteile mit sich: Kompostieren ist die klima- und umweltfreundlichste Möglichkeit der Verwertung von organischen Abfällen. Bei der Wurmkompostierung funktioniert das sogar noch schneller und geruchloser als auf dem allseits bekannten Komposthaufen. Zudem werden deine Nahrungsmittelabfälle durch die Verarbeitung in einer Wurmkiste zu deinem eigenen organischen Dünger, mit dem du Balkon- und Zimmerpflanzen versorgen kannst. So musst du kein Geld für hochwertigen Pflanzendünger ausgeben und auch dein Hausmüllaufkommen verringert sich, sodass du öfter mal den Gang zur stinkenden Biotonne umgehst, falls es in deinem Haus überhaupt eine gibt. Gibt es keine, ist die Wurmkompostierung erst recht eine gute Idee, da Bioabfälle im Restmüll leider verschwendete Ressourcen sind.

Woher bekomme ich einen Wurmkomposter?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen eigenen Wurmkompost anzulegen. So finden sich online und in Gartenbüchern zahlreiche Anleitungen zum Selberbauen, ebenso gibt es aber auch Wurmkomposter aus Holz oder Kunststoff im Handel zu kaufen. Einige Anbieter vertreiben auch Selbstbausets, die schon alle notwendigen Teile beinhalten, aber selbst zusammengeschraubt und -geklebt werden können. Fertige Wurmkisten bieten den Vorteil, dass sie in der Regel genau auf die Wurmkompostierung abgestimmt und diesbezüglich getestet sind, wohingegen selbstgebaute Modelle ihre Schwächen erst während der Nutzung zeigen, was schonmal zu Frustrationen führen kann. Solltest du handwerklich ambitioniert sein und dich zum Selberbauen entscheiden, achte darauf, dass die Bauanleitung seriös wirkt und du sie sehr genau umsetzt. Die Konstruktion sollte nämlich gut belüftet sein und darüber hinaus möglichst sicherstellen, dass die Würmer an Ort und Stelle bleiben. 

Anmerkung: Steht der Wurmkomposter im Garten, ist es nicht so schlimm, wenn die Würmer ausbüchsen und sich in die Gartenerde eingraben können. Auf dem Balkon oder gar in der Wohnung ist das jedoch dringend zu vermeiden, da sie außerhalb der Erde sehr schnell austrocknen können. Hier ist gerade in den ersten Tagen der Benutzung Alarmbereitschaft gefragt, während die Kompostwürmer sich noch an ihre neue Heimat gewöhnen.

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Wie starte ich meinen Wurmkompost?

Ist der Wurmkomposter vor Ort bzw. fertig gebaut, kann es losgehen! Natürlich müssen auch die Kompostwürmer irgendwo herkommen: Man kann sie beispielsweise bei Wurmkisten-Anbietern online bestellen. Und nicht wundern – mindestens 500 Würmer als Startpopulation sind ganz normal, damit sie deinen Biomüll auch bewältigen können (ein Wurm kann pro Tag in etwa sein eigenes Körpergewicht an Bioabfall verschlingen). Sind Würmer und Kiste startklar, kannst du einen großen Pappkarton zerreißen und die Stücke in Wasser einweichen. Kartonschnipsel, Würmer und Erde (z.B. die, in der die Würmer bei dir angekommen sind) bilden dein Starter-Substrat. Alles wird gut vermischt, damit die Würmer sich in ihrem locker-luftigen Boden einleben können. Danach noch einmal ordentlich mit Wasser besprühen, um eine ausreichende Feuchtigkeit zu gewährleisten. Mit der Biomüll-Fütterung kannst du nach etwa drei Tagen beginnen, wenn deine Haustiere sich in ihrer neuen Heimat akklimatisiert haben. Zum Abdecken der Biomüllschicht empfiehlt sich eine Hanfmatte, eine Lage feuchtes Zeitungspapier oder ein altes Baumwolltuch. So wird der Abfall „fruchtfliegensicher“ gemacht und die Feuchtigkeit im Substrat gehalten. Keine Sorge: Es ist ganz normal, dass die Würmer diese Abdeckung mit der Zeit aufessen, dann kann eine neue nachgelegt werden.

Die richtige Wurm-Ernährung

Auch wenn die Kompostwürmer teilweise deine Biotonne ersetzen sollen, kannst du ihnen leider nicht ungefiltert alles füttern, was gerade anfällt. Gutes Wurmfutter sind z.B. Tee- und Kaffeesatz (höchstens 1/3 des Tagesfutters), unbehandelte und kleingeschnittene Obst- und Gemüsereste, Pflanzenreste und Blätter (außer Nussblätter) sowie zermahlene Eierschalen. Gemixt werden sollte die Wurmnahrung nicht, da sie sonst zu dicht liegt und eine ausreichende Belüftung verhindert. Auch Zeitungs- oder Packpapier und Karton (kein Hochglanzpapier) spielen eine wesentliche Rolle und sollten am besten 20% des Wurmfutters ausmachen, da sie den Kompostwürmern Fasern bieten, die der restliche Biomüll nicht hat.

Nicht geeignet als Wurmnahrung sind Schalen von Zitrusfrüchten wie z.B. Orangen, Mandarinen und Zitronen oder Knoblauch- und Zwiebelreste. Beides ist bei den Würmern unbeliebt und kann von ihnen nicht gut verwertet werden. Gleiches gilt für andere stark säurehaltige Früchte wie Ananas und scharfe Nahrungsmittel wie Chili. Brot, Getreide-, Fleisch-, Fisch- und Milchprodukte sowie größere Reste von gekochten, gewürzten und marinierten Speisen sind ebenfalls ungeeignet, da sie zu schnell schimmeln, bevor Mikroorganismen und Würmer sie verarbeiten können. Auch Haustier-Hinterlassenschaften und Schalen von chemisch behandeltem Obst und Gemüse müssen draußen bleiben. Schon etwas wählerisch, diese Würmer. Trotz dieser Negativaufzählung aber haben sie das Zeug dazu, deinen Hausmüll deutlich zu verringern und ihn zu „schwarzem Gold“ zu machen!

Urlaubs-Tipp: Bist du einmal bis zu zwei Wochen nicht da, reicht es in der Regel, vorab die Bedingungen im Komposter zu überprüfen und etwas mehr zu füttern (auf Papieranteil achten und gut einsprühen!), dann kommen die Würmer in deiner Abwesenheit gut zurecht. Bist du länger weg, solltest du lieber einen Wurm-Sitter vorbeischicken, der nach zwei Wochen mal die Lage checkt, Bioabfall verfüttert und Wasser sprüht. Steht der Komposter in dieser Zeit kühl, hilft das, einem Austrocknen des Substrats vorzubeugen.

Welche Lebensbedingungen benötigen meine Würmer?

Kurz gesagt: Kompostwürmer mögen es lieber zu feucht als zu trocken, dunkel und zimmerwarm. Eine Wurmbox sollte gut belüftet sein, im Winter nicht zu kalt (unter 5°C) und im Sommer nicht zu heiß (über 25°C) werden. Schon ab 15°C werden die Kompostwürmer weniger aktiv und verarbeiten deinen Biomüll langsamer. Zu frostige oder zu heiße Temperaturen überleben sie nicht. Ebenso wie du fühlen sich die Würmer am wohlsten bei Zimmertemperatur. Bei extremen Witterungsbedingungen wie Frost oder starker Sonneneinstrahlung solltest du sie daher vom Balkon an einen geschützten Ort umlagern, z.B. in den Flur oder Keller. Um die Feuchtigkeit im Wurmkomposter zu überprüfen, hilft ein Handgriff: Wird der Wurmhumus in der Hand zusammengedrückt, sollten ein paar Wassertropfen sichtbar werden. Läuft dabei Wasser hinaus, ist das Substrat zu nass. Ist kein Wasser spürbar, ist es zu trocken. Gegenarbeiten kannst du mit dem Untermischen von Papierschnipseln (zu nass) oder dem Einsprühen mit Wasser (zu trocken). Damit es in der Kiste nicht zu feucht wird, haben einige Modelle ein Ablaufventil und andere ein Auffangbecken. So kann überschüssige Flüssigkeit – der Wurmtee – ablaufen. Dieser wird dem Gießwasser im Verhältnis 1:10 als Flüssigdünger hinzugegeben. Das Substrat in der Kiste sollte locker luftig sein und sein pH-Wert zwischen 5 und 7 liegen, weder zu sauer noch zu basisch. Um das zu erreichen, solltest du alle drei Wochen bis einmal im Monat zwei Esslöffel einer speziellen Mineralmischung in die Wurmkiste geben. Diese ist bei Wurmkomposter-Anbietern erhältlich. Hin und wieder können stattdessen auch zermahlene Eierschalen verwendet werden (jedoch nicht immer, da sie nur den Kalk, nicht aber das für die Würmer notwendige Gesteinsmehl ersetzen).

Tipp: Sollte dir an deinem Wurmkomposter irgendetwas komisch vorkommen, findest du die Lösung in der Regel durch das Überprüfen der obenstehenden Bedingungen und Ernährungsgewohnheiten. Wurde zum Beispiel sehr viel Kaffeesatz hinzugegeben, der den pH-Wert in Richtung sauer bewegt, kannst du das Gleichgewicht in der Kiste mithilfe der Mineralmischung wieder herstellen. Wurde einmal das Falsche oder zu viel gefüttert, ist es wichtig, den betreffenden Bioabfall wieder zu entnehmen, bevor der Inhalt des Komposters für die Würmer zu heiß wird und „kippt“. Ein solches Problem bemerkst du spätestens daran, dass der Geruch doch eher an Biotonne als an Waldboden erinnert.

Ernte des Wurmhumus

Hast du deine Würmer einige Wochen bis Monate fleißig gefüttert, ist der Komposter bald voll genug für die Wurmhumusernte. Je nach Art der Konstruktion funktioniert das auf unterschiedliche Weise. In allen Wurmkisten gibt es verschiedene Ebenen, die die Kompostwürmer durch Siebböden oder kleine Öffnungen erreichen können. Sie sorgen dafür, dass auf einer Ebene frischer Bioabfall hineingefüttert und auf anderer Ebene der fertige Wurmhumus entnommen werden kann. Da die Würmer sich dort aufhalten, wo das Futter ist, sind im Erntebereich weniger von ihnen unterwegs – das erleichtert die Ernte. Gerade, wenn die geerntete Wurmkompost-Erde für Zimmer- oder Balkonpflanzen genutzt werden soll, ist darauf zu achten, dass möglichst keine Würmer mehr im Wurmhumus unterwegs sind. Nach erfolgreicher Ernte bietet der Wurmhumus einen wunderbaren Dünger für all deine Pflanzen. Du kannst ihn für die Verwendung im Verhältnis 1:5 bis 1:10 mit gängiger Pflanzenerde vermischen.

Wurmkisten-Hack: Bei uns wird der Wurmkomposter oft zur „unfreiwilligen Aussaatkiste“, in dem gerne mal Kartoffelschalen oder Paprikakerne keimen. Auch ein Mangospross hat sich darin schonmal seinen Weg zum Licht gebahnt. (Die Würmer vertilgen nämlich wirklich nur, was nicht mehr am Leben ist und schon ein wenig von Mikroorganismen zersetzt wurde.) Da wir unsere Paprikakerne nicht klein hacken, bevor sie in die Wurmkiste kommen, findet die Aussaat so auch manchmal ganz zufällig in einem Blumentopf statt, dessen Inhalt mit Wurmhumus aufgewertet wurde. Daran sieht man, was für tolle Bedingungen Wurmhumus für deine Pflanzen bereithält.

Wenn du Lust hast und dich diesen besonderen Haustieren gewachsen fühlst, probiere es einfach mal aus. Aber Achtung: Nur für Tierliebe! 😊